Sonntag, 3. März 2013

Mittwoch der 3.3.1943 in Ohrdruf


[Ohrdruf, den 3.III.43]

Lieber Vater!
Von Mutter wirst Du ja schon gehört haben, dass ich auf Urlaub zu Hause war. Das kam ganz überraschend. Zum ersten Male durften vorletzten Samstag welche aus dem Lehrgang auf Urlaub fahren und zwar jeden Samstag aus jeder Gruppe zwei Mann. Vorige Woche nun sagte der Feldwebel zu mir, ich könnte Urlaub einreichen. Ich habe dann für Sonderurlaub eingereicht von Freitagabends nach Dienst bis Montagmorgens 9 Uhr. Freitags hatten wir noch Scharfschießen mit Gewehren mit Zielfernrohr wo aber nur die besten Schützen schießen durften. Ich Schoß wieder sehr gut auf 300 m Entfernung. Die Verbindung nach Godesberg war gut - 19:18 ab Ohrdruf 20:00 in Gotha 21:20 ab Gotha 4:50 in Koblenz 5:30 ab Koblenz und um 7:00 war ich in Godesberg. Da meine Karte noch nicht angekommen war und ein neues Schloß am Tor war konnte ich nicht sofort herein und Mutter war so aus dem Häuschen dass sie den Torschlüssel nicht fand und Gretchen aufmache mußte. Das war eine Freude und Überraschung weil keiner mit Urlaub gerechnet hatte. Mutter machte eine Büchse Rehrücken auf und auch sonst war gut gesorgt für mein leibliche Wohl, es war wie immer alles vorbereitet. Samstags habe ich mal allerlei Bekannte besucht. So ein Urlaub ist nur immer zu kurz, besonders da ich Sonntags um 5 Uhr schon wieder fahren mußte. Die Hauptsache aber [Seite 2] ist, dass man mal wieder zu Hause war. Ich denke, dass ich auch bald von hier meinen längeren Urlaub bekomme. Jetzt die letzte Wiche des Lehrgangs ist leichter Dienst, ich mache augenblicklich Melder und Sprechfunkausbildung als S.P.W. [mittlerer Schützenpanzerwagen, Sonderkraftfahrzeug 251, siehe Bild] Beifahrer, d.h. der Funker im Panzer ist in einem Beifahrer und Melder.


Mittlerer Schützenpanzerwagen (Sd. Kfz. 251/3), 
Bundesarchiv - Bild 101I-217-0493-31



Vor machen sehr schönen interessanten Dienst, laufen etwas nach Marschkompaß alleine durchs Gelände usw. das Funken kommt noch denn die Geräte sind noch nicht da. Am Samstag ist der Lehrgang und dannach werden die Lehrgänge als Uffz.-Ausb. und die anderen Mannschaften als Spezialisten an die einzelnen Kompanien verteilt. In welche Kompanie ich komme weiß ich noch nicht, aber es bleiben immer viele von uns zusammen. Wir sind in allem sehr gut ausgerüstet und können die Mannschaften jetzt kommen zum Aufstellen [?]. Wo wir einmal eingesetzt werden und wann steht noch nicht fest, vielleicht geht es wie viel bei den Panzer über Frankreich. Zu Hause ist noch alles schön in Ordnung und freut es einen wenn man sieht, dass noch alles gut klappt. Christel kommt ganz gut zurecht bei Brenigs und Mutter kommt auch allein zurecht. In Köln haben die Flieger wieder wüst gehaust, es ist wirklich eine Schande um die schönen Städte alle, und es wird Zeit, dass der Krieg langsam dem Ende zugeht. In Russland werden wir wohl diese Jahr einen entschiedenen Schlag herbeiführen, wie ich [Randnotiz Seite 2]  dass so von hier aus beurteilen kann nach allem was man so sieht. Es grüßt Dich nun herzlich Dein Sohn Albert

[Ohrdruf, 19430303, V, SPW, zu Hause, Brenigs, Christel, Zugfahrt, Köln, Bombenkrieg]

[
* Sämtliche ostthrakischen [am Schwarzen Meer] Juden werden von deutschen Stellen festgenommen und fünf Tage später ins Konzentrationslager Treblinka deportiert.

* Großbritannien erklärt sich zur Aufnahme von 29 000 jüdischen Kindern in Palästina bereit.
(chroniknet.de, Zugriff 6.1.2013)
]
Köln im April 1945,
U.S. Defense Visual Information Center photo HD-SN-99-02996
[Bis März 1943 wurden etwa 20 Bombenangriffe auf Köln geflogen. Ein sehr großer Angriff geschah kurz vor dem Besuch in Godesberg am 26/27 Februar mit 427 Flugzeugen (RAF Bomber Comand: Campaign Diary), der allerdings die Innenstadt weitestgehend verfehlte. Danach gab es bis Kriegsende noch etwa 50 weitere Bombenangriffe.(en.wikipedia.org, Zugriff 6.1.2013)]

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen