Donnerstag, 21. Februar 2013

Sonntag der 21.2.1943 in Ohrdruf


[Sonntag in Ohrdruf, den 21. Februar 1943]

Liebe Mutter + Christel!
Heute morgen ist so ein richtiger Frühlingssonntagmorgen. Vater würde sagen, heute gehen wir aus essen und machen vorher einen Spaziergang nach Mehlen. Die sechste Woche ist nun um und die letzten 14 Tage gehe ich entweder nach Iserlohn zurück mit einer guten Beurteilung oder wir bleiben hier um in einer neu aufgestellten Formation Gruppenführer - Stellvertreter - Fahrer oder sonst was zu werden. Der Dienst ist dann natürlich nicht mehr wie im Lehrgang sondern wie in jeder anderen Kompanie. Was genaues sagen kann man jedenfalls nicht. Es sind soviel Parolen im Umlauf, man muß erst mal abwarten. Gestern sind zum ersten Male seit der Lehrgang hier läuft welche auf Wochenendurlaub gefahren. Es ist jetzt so dass jede Woche zwei von einer Gruppe fahren, zuerst die Verheirateten und dann wir. Da verschiedene zu weit haben können diese Sonderurlaub von Freitagabends bis Montag morgens haben. Wenn wir hier bleiben sollten, werde ich wohl auch bald in Sonderurlaub kommen in ein paar Wochen. Alles ist natürlich wie bei Militär überhaupt alles etwas unbestimmt. Ich bin einmal gespannt was das alles gibt, es wird wohl im Sommer etwas großes geben. In Russland wird wohl dieses Jahr eine entscheidend Offensive gestartet werden [Sommer Offensive? Evtl. ein Hinweis auf die bevorstehende *Schlacht um Charkow* (Februar--März 1943) oder das *Unternehmen Zitadelle* (Anfang Juli 1943, Kursk)]. Gestern war ich im Varieté hier im Lagergasthaus was sehr nett war und allerhand geboten wurde. Abends war ich im [Seite 2] Film "Die lustigen Vagabunden" [Film von Armin Schweizer 1942.]. Es war ein sehr schöner Film und wir haben viel gelacht. Das Ausschlafen heute morgen bis 8 Uhr hat mal wieder gut getan. In Rüngsdorf wird wohl nicht mehr viel los sein, da jetzt auch noch Jahrgang 1925 [mit 18 Jahren] fort mußte zum Arbeitsdienst. An das Leben bei Militär muß man sich erst gewöhnen, besonders auf so einem Lehrgang muß man arg aufpassen, da jeder etwas werden will und die Litzen in der Fernen leuchten scheißt einer den anderen an und so ist von Kameradschaft nicht viel da. Der eine will etwas werden indem er dem Spieß andere meldet und der andere schmiert beim Gruppen- und Zugführer. Es gibt auch hier so verschiedene Schmierbeutel welche zu Hause eine Schokoladengroßhandlung haben und alle Tage ein Riesenpaket mit Keks-Schokolade Kunsthonig usw. usw. bekommen und natürlich bei Zugführer, Stubenältesten usw. wüste Abnahme finden. Ab und zu fällt auch für uns ein wenig ab, meistens gehen aber die vollen Pakete an uns vorüber. In dieser Beziehung denke ich genau wie Vater, wenn ich etwas werde, werde ich es nur durch mich selbst. Gelegentlich könnt ihr mir einmal ein Gläschen Haaröl schicken. Heute Mittag werde ich einmal in die Stadt gehen Kaffe trinken und Kuchen essen. Nun grüßt Euch herzlich
Albert

[Ohrdruf, 19430221, MC, Sommer Offensive, Film, Die Lustigen Vagabunden, Bad Godesberg, Rüngsdorf, Rusland, Jahrgang 1925, Haaröl]

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