Mittwoch, 13. Februar 2013

Samstag der 13.2.1943 in Ohrdruf




[Ohrdruf, den 13.II.43]

Lieber Vater!
Habe Deinen Brief vom 3. Febr. erhalten. Das Wetter hier ist augenblicklich großer Scheiße immer Regen sodaß [sic! Das erste "ß"] alles ein Lehm und Matsch ist und man am Putzen bleibt. Meine Fahrerausbildung hat hier überhaupt nichts zusagen, wir werden als Infanterie ausgebildet also als Pz. Gren (halb motorisiert und auch abgesessen). Jeden Morgen geht es ins Gelände zur Geländeausbildung welche wohl der Schwerpunkt unserer Ausbildung ist. Angriff (weil mittl. + nahe Entf. - Durchbruch - Verteid.) nach Kompaß + Kartenlaufen, Geländebeschreibung - Skizzenanfertigen usw. Waffentechn. Ausbildung in allen Waffen welche ein Pz. Gren. Reg. hat. Diese ist meistens mittags oder Nahkampfausbildung und Unterricht. Viel Waffenreinigung ist klar. Alles in allem ein richtiger Schleifkursus. z.B. [B in Kurrent] Sonntags Appell (Stuben - Spinde 1. Garn. 2. Garn. 2 Mäntel - Stiefel usw. usw. [Seite 2] Du wirst doch ungefähr wissen in was die einen alles kujonieren und triezen können. Die Die Gasmaske spielt eine sehr große Rolle und ist das von uns verfluchteste Stück. Zur Ruhe kommst Du hier praktisch nie, dadurch geht auch die Zeit so schnell herum.Über alles wird eine Beurteilung geschrieben vom Gruppen od. Zugführer. Gute Kameradschaft ist hier leider nicht, die war in der Rekrutenzeit besser wie hier. Hier will jeder möglichst zu seinen Litzen kommen und so ist das bei den Ob. Gefr. usw. eine große Stoßerei. Richtige Kameradschaft kommt erst an der Front, ich staune manches Mal was hier zu einem U. Lehrg. für Gesindel mit hingeschickt worden ist. Vorige Woche habe ich 1/4 Liter Blut gespendet für verwundete Kameraden und es hat meiner Gesundheit nichts geschadet. Ich habe dafür eine sehr schöne Lebensmittelzuteilung bekommen. z.B. 2 Fl. Rotwein - 2 Pfund Äpfel -2 Pfund Butter - 5 Eier - 250 gr. Wurst - Schokolade + kond. Milch. Sehr gutes Zeug und bestimmt allerhand für den 1/4 Liter Blut. In der Rekrutenzeit habe ich nicht viel mit M.G. zutun gehabt da ich auch nachher im Fahrerzug war, hier habe ich  alles nachgeholt und jetzt bin ich sogar für Alarmfall als M.G. Schütze eingeteilt worden weil ich ein guter Schütze bin. Bei dem letzten Scharfschießen war ich wieder bei den Besten trotzdem ich doch sehr nervös bin. Schießen war ja auch von je her eine Leidenschaft von mir. Meine Beine werden den Lehrgang überstehen, wenn ich auch mit Gepäck nicht gerade gut laufen kann. Die Füße sind gut und sind immer in Ordnung nur die Knie sind nach der hier manches Mal sehr großen körperlichen Anstrengungen recht schlapp. Aber es ergeht nicht nur mir so, selbst die Ob. Gefr. usw. welche [Seite 3] schon allerhand mitgemacht haben sagen sowas hätten sie noch nicht erlebt wie hier mit uns umgegangen wird. Dafür ist Ohrdruf ja auch in ganz Deutschland bekannt aber nach jeder Schleiferei wird nachher immer wieder gelacht und das schlechte vergessen und das schöne behalten wie es jeder Landser macht. Uns kann nichts erschüttern und wenn es sein müßte würde noch ein Lehrgang mitgemacht denn nachher sagt man immer "war halb so wild". Nach dem Lehrgang werde ich versuchen irgendwie wieder in mein Fach hinein zu kommen vielleicht Panzer Nachrichten wo auch Funker usw. gebraucht werden und was sehr interessant ist. Zuerst werde ich jedenfalls nach dem Lehrgang Urlaub einreichen und mal ein paar Tage zu Hause verbringen. Es grüßt Dich nun in alter Frische Dein Sohn *Albert*

Die Ausdauer welche man hier haben muß habe ich auch viel der Ruderei zu verdanken. [Seite 4] Ich staune manches Mal wenn man so 2 Stunden im nassen Dreck gelegen hat dass ich nachher keine Lungenentzündung oder Unterleibserkältung habe. Dafür hatte ich aber im Rudertraining zu oft (trotz dem mütterlichen Geschimpfe) im Regen - Hagel - Wind oder zwischen Eisschollen meine Abendliche Trainingsfahrten gemacht. Dadurch halte ich solche Sachen ganz gut aus, wo viele sich schwer erkälten. Die Bratkartoffel waren zwar immer verbrutzelt wenn ich spät nach Hause kam und Mutter schimpfte, dass ich trotz der Kälte nur 1 Turnhose und nur das Trikot anhatte anstatt 2 Pullover. Ich denke immer, gerne an die Arbeit zuhause und die daran anschließend abendliche Trainingsfahrten und Rennen. Ich freue mich wenn es wieder los geht mit der Arbeiterei dann wird aber gearbeitet und in der Freizeit sich das Leben schön gestaltet. Hoffentlich recht bald wieder.
Albert.

[Ohrdruf, 194302, V, Rudern]

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