Montag, 28. Januar 2013

Ohrdruf, den 28.I.43


Liebe Mutter und Christel!

Habe mir mit Gewalt ein paar Minuten freie Zeit zum Schreiben gemacht. Wir haben jeden Morgen Geländedienst. Mittags meistens Exerzieren [Er schreibt übrigens immer das "x" in Sütterlin/Kurrent und nie "dass".] oder Schießausbildung. Dazwischen natürlich immer Unterricht über allerlei militärische Sachen. Dann haben wir furchtbar viel Dienst unter der Gasmaske und ich bin noch nie so fertig gemacht worden wie in diesen Tagen. Also das kann man sich als normaler Mensch überhaupt nicht vorstellen was die mit einem machen. Da ist Coesfeld und die ganze Rekrutenzeit nicht gegen. Hier haben wir kaum Zeit zum (Kacken) entschuldige. Durch das regnen und tauen ist das ganze Gelände alles ein Matsch in welchem wir uns herumwälzen, wir liegen manches mal in der Kälte meistens noch alles nass und dreckig 1 1/2 Stunde auf dem Bauch als Beobachter oder Schütze. Ich staune nur, das ich nie Lungenentzündung oder Erkältung bekomme denn normal müßten wir bei dem was wir hier machen dauernd im Lazarett liefen. Aber trotzdem ich Abends Hundemüde bin und alle Knochen mir wehe tun fühle ich mich gesundheitlich bei diesem scharfen Dienst prima, ich wäre manches mal bald verzweigfelt aber es geht doch wenn man muß. Wenn wir um 12 Uhr aus dem Gelände kommen hat man eben Zeit das Gewehr ein wenig zu reinigen das Zeug (Spaten, Gasmaske, S. gewehr, Brotbeute

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Zeltplan usw. usw. in eine Ecke zu werfen. Dann pfeift es auch schon zum Essen. Geht man eben essen schon bald nach dem Essen pfeift es wieder, fertig machen zum Exerzieren. Die dreckige Uniform wir schnell notdürftig ausgebürstet die Stiefel im Waschraum abgewaschen und alles wieder um den Bauch rum gehängt. Draußen geht es dann erst wieder los weil nicht alles rein ist usw. Am besten wird man stur wie ein Panzer und regt sich garnicht auf denn es geht manches mal einfach nicht wie es verlangt wird. Abends muß man dann noch Aufsätze schreiben. Für mich geht es hier im Lehrgang nur darum das ich eine gute Beurteilung nachher nach Coesfeld mitbekomme da die Beurteilung meine Fähigkeit zu, Gruppenführer oder Unteroffiziere beweist und wenn ich etwas länger bei Militär bin muß man mich zum Unteroffiziere befördern. Man hört immer wieder schon mal das der Lehrgang hier nur 8 Wochen dauern soll, das wäre bis 9. März ungefähr, ich wollte es wäre schon so. Wegen Nähzeug hatte ich ja in der Karte schon geschrieben.
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Ein paar Taschentücher könnt ihr beilegen (bunte) dann schicke ich ein paar schmutzige mit den Socken (demnächst). [*rot unterstrichen*] *Fritz Müller* schrieb mir aus Norwegen das er *15 km* vor *Oslo* fort wäre und das *Oslo* zu seinem *Standort* gehöre. Er ist dort geblieben in der Küche die anderen sind noch weiter. In Russland und Afrika ist allerhand los, ich möchte mal wissen wie das noch alles ausgehen soll, das sieht alles wüst aus.

[Randnotiz Seite 1]
Ihr könnt die Briefe ja an Vater weiterschicken denn ich habe nicht immer Zeit Euch und Vater zu schreiben. Habe von Vater gestern Post erhalten über Greis Dölan von dem Kamerad von Vater aus Greis. Das Wetter augenblicklich ist beschissen, wir können uns am putzen halten. Der ganze Unterricht geht darauf hin uns zu

[Randnotiz Seite 2]
Unterführern heran zu bilden. Jeder muß Unterricht abhalten uns. Es grüßt Euch nun herzlich voller Geistesstärke + Gesundheit
Albert

[sic!, Ohrdruf, 19430128, MC, Afrika, Rusland, Zweifel, Fritz Müller, Greiz Dölan]


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* Im Raum von Woronesch vereinigen sich die von Norden und Süden angreifenden Verbände der Roten Armee und schließen dadurch sieben Divisionen der 2. deutschen Armee ein.
* Die australische Regierung gibt bekannt, dass ein japanischer Angriff unmittelbar bevorstehe.
(chroniknet.de, Zugriff 24.12.2012, http://www.chroniknet.de)
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